Als Student nach Indien, kein Geld in Delhi
Nach meinem ersten Studienjahr sehnte auch ich mich nach neuen Erfahrungen und dem Kontakt mit fremden Kulturen. Ich
wollte dem Alltag aus Vorlesungen, Seminaren und Nebenjob einmal für mindestens vier Wochen entrinnen, um neuen Input zu
bekommen.
Allerdings ist es als Student nicht so einfach, längere Reisen zu planen, da man finanziell ziemlich eingeschränkt ist.
So ging es auch mir: Ich lebte von überschaubaren BAFöG – Zuschüssen und meiner kleinen Nebentätigkeit. Viele Orte waren
daher von vornherein für mich als Reiseziele ausgeschlossen. Trotzdem habe ich es geschafft, mir mit etwas Planung ein
unvergessliches Reiseabenteuer in Indien zu ermöglichen.
Falls du auch davon träumst, deinen Rucksack zu packen und einfach wegzufliegen, es dir aber eigentlich nicht leisten
kannst, dann ist der folgende Bericht wie gemacht für dich. Ich werde dir erklären, wie es mir gelang, mit wenig Geld
ganze sechs Wochen in Asien unterwegs zu sein.
Die größte Einsparmöglichkeit bei Urlauben und Reisen besteht in der richtigen Auswahl des Zielortes.
Die Welt ist groß, und es ist nur verständlich, dass du Australien, Singapur oder die Vereinigten Staaten von Amerika
kennenlernen möchtest. Mit kleinem Budget wird dies allerdings nicht möglich sein. Daher solltest du darauf achten, in
ein Land mit relativ geringen Lebenshaltungskosten zu reisen.
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Ich habe mich für Indien entschieden. Daneben gibt es jedoch allein in Asien, besonders im Südosten des riesigen
Kontinents, auch zahlreiche andere Möglichkeiten.
Zu nennen sind hier vor allem Bangladesch, Myanmar, Laos, Kambodscha und Thailand.
Auch in Afrika bieten sich eine Reihe an Destinationen für weniger Vermögende an. So konnte ich im Rahmen einer
anderen Reise, von der ich dir vielleicht im nächsten Text berichte, Marokko beispielsweise mit 20€ am Tag bereisen; in
Ghana brauchte ich noch weniger Geld.
Wie gesagt, ich hatte mich zunächst für Indien entschieden. Neben den niedrigen Lebenserhaltungskosten lockte mich vor
allem die faszinierende Kultur und die atemberaubende Topografie des Subkontinents.
Ich buchte meinen Flug vier Monate vor der Reise bei Emirates. Auch in der Economy – Class fliegt man hier sehr
komfortabel; ich hatte sogar W-Lan an Bord! Ich flog von München über Dubai nach Delhi, sodass ich eine Gelegenheit
bekam, mir die größte arabische Metropole auf der Durchreise für einige Stunden anzusehen. Der gesamte Hin- und Rückflug
haben mich 500 Euro gekostet.
Als ich dann vier Uhr morgens in Delhi landete, merkte ich augenblicklich, dass ich mein vertrautes Europa verlassen
hatte.
Die Luft war dick und schwer, und noch niemals habe ich so unglaublich viele Menschen in einer Flugzeughalle
gesehen wie dort. Nachdem ich endlich durch die Pass – und Visakontrollen gelangt war, ereilte mich auch gleich der
erste Schock: an keinem der Automaten im und um den Flughafen funktionierte meine Bankkarte.
Fast die Hälfte meines Bargeldes hatte ich bereits in Dubai ausgegeben, sodass mir etwa 55€ verblieben. Ich konnte
auch nicht nach Hause telefonieren, weil ich noch keine indische Sim – Karte gekauft hatte. Ich hatte in Delhi selbst
keine Unterkunft gebucht, kannte mich absolut nicht aus.
Ohne zu wissen, dass vom Flughaben aus eine akklimatisierte Metro für weniger als einen Euro direkt ins
Stadtzentrum fährt, lies ich mich von einem Taxi-Fahrer nach Delhi hereinfahren. Unterwegs hielten wir an einem
Wechselstand, damit ich mein Geld eintauschen konnte. Die Fahrt kostete mich acht Euro – ein horrender Preis für
indische Verhältnisse, wie ich später erfahren sollte.
Kurz vor 6 Uhr morgens, alles war noch dunkel, lies mich der Fahrer irgendwo in Delhi raus (er sagte mir,
dies sei das Stadtzentrum). So schulterte ich meinen schweren Rucksack und lief durch die leeren Straßen, die voller
Kühe und schlafender Menschen waren. Ich irrte bis zum Mittag umher. Inzwischen war es unerträglich heiß geworden, und
ich musste viele Pausen einlegen. Ich hatte mir unterwegs mehrere kalte Fantas gekauft, die mir wie ein echtes
Göttergetränk vorkamen. Ich konnte nicht klar denken, mir keine Strategie zurechtlegen.
Da sprach mich ein indischer Junge an und fragte, ob er von mir ein Foto machen dürfe. Für viele Inder ist es etwas
Besonderes, mit Fremden gemeinsam Selfies aufzunehmen. I
Ich frage ihn, ob er hier in der Nähe eine Unterkunft kenne. Er rief einen weiteren Taxifahrer und erklärte diesem etwas
auf Hindi. Dann bedeutete er mir einzusteigen. Ich dankte ihm und nahm mit einem mulmigen Gefühl im Taxi Platz. Die
letzte Fahrt hatte schon 8 Euro gekostet, dachte ich mir. Weiter drei Euro hatte ich für Getränke und Snacks ausgegeben.
Viele Fahrten würde ich mir nicht mehr leisten können.
Ich überlegte bereits, ob ich den Fahrer bitten sollte mich zu Botschaft zu bringen, als ich auf einmal die Rettung
erspähte: Einen MC Donalds! Du wunderst dich bestimmt, wie ausgerechnet eine Filiale des Fastfood – Anbieters meine
Erlösung sein konnte, dabei ist dies doch völlig logisch! Dort gibt es Steckdosen und W-Lan. Ich bestellte mir für 4
Euro ein kleines Menü (Viel zu teuer für die meisten Inder, auch im Vergleich zu anderen indischen Gaststätten und
Restaurants ist dieser Preis überteuert. Im Vergleich zum deutschen MC Donalds ist es in Indien aber ein deutlich
günstiger).
Während ich aß und trank und die Kühle der Klimaanlage genoss (draußen waren es mindestens 40 Grad Celsius) lud ich mein
Handy auf und schrieb über das W-Lan eine E – Mail nach Hause, in der ich meine Lage erklärte. Gott sei Dank las mein
Vater diese Nachricht nur wenige Minuten später und schickte mir sofort Geld via Western Union.
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Damit waren all meine Sorgen auf einen Schlag gelöst, denn noch am selben Tag konnte ich 400€ Euro von einer Western
Union Filiale abheben. Mit diesem Betrag kann man in Delhi einen Monat über die Runden kommen. Ich nahm mir ein Zimmer
mit Doppelbett und Bad in einem Hostel, was mich 4,80 Euro pro Nacht kostete.
Natürlich war die Einrichtung primitiv und das Wasser kalt. Aber es gab einen Ventilator, was bei dem Wetter
definitiv das wichtigste Einrichtungsstück war. Für Essen brauchte ich im ersten Monat, als ich besonders sparsam war,
den gesamten Rest der 400 Euro. Ich aß dreimal täglich in Straßenrestaurants, wo man einfache Gerichte bereits für 1,50
Euro bekommt. Abends gönnte ich mir meistens für 3 – 4 Euro ein schmackhaftes Curry. Wer selbst kocht und sich die
Zutaten auf lokalen Märkten kauft, kommt täglich mit 3 Euro für Essen aus. Dies ist aber aufgrund der geringen Preise
der Gaststätten eigentlich unnötig.
Nachdem meine Bankkarte endlich wieder funktionierte und ich somit Zugriff auf meine Ersparnisse hatte, lebte ich nicht
mehr ganz so sparsam. Ich kaufte mir ab und zu einmal ein Bier (was in Indien teurer als in Deutschland ist), besuchte
Sehenswürdigkeiten und bereiste den Norden des Landes im Zug. Meine Lebenserhaltungskosten stiegen dann auf etwa 700
Euro monatlich. Aber ich kann dir versichern, dass du in Indien auch mit deutlich weniger Geld viel erleben kannst. Du
musst dann selbstverständlich auf einige Annehmlichkeiten (akklimatisierte Busse und Züge, große Betten, täglich im
Restaurant essen etc.) verzichten. Aber wenn dir das nichts ausmacht, steht deiner Abenteuerreise auf den Subkontinent
nichts mehr entgegen!
(ex)
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