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BBI: Lufthansa verkauft höhere Preise als Berliner Offensive

Die Konzernkommunikation und das Marketing haben hervorragende Arbeit geleistet: Die breite Masse der Medien wird das neue Berlin-Konzept der Lufthansa mit Titeln „Lufthansa greift Billigflieger an“, oder mit „Zahlreiche neue Strecken bei Lufthansa ab Berlin“ abfeiern. Ein Meisterstück der Kommunikation: Eine Verschlechterung für den Kunden so positiv zu verkaufen. Was auch zeigt: Die meisten Massenmedien schreiben Pressemitteilungen von Großunternehmen ab und hinterfragen diese nicht kritisch. Dabei handelt es sich vor allem um eine „Umetikettierung“ mit massiver Preiserhöhung.


von Christian Maskos

Der Lufthansa-Konzern hat jetzt seine Wachstumspläne für Berlin vorgestellt. Am neuen Flughafen Berlin Brandenburg International will die Lufthansa insbesondere den ebenfalls teuren Konkurrenten Air Berlin aber auch Günstigflieger easyJet angreifen. In der Pressemitteilung werden gleich 29 neue Strecken von Lufthansa angekündigt: Das klingt nach einem enormen Schritt. Zudem verspricht Lufthansa mit einem angeblichen Niedrigpreiskonzept ab 49€ oneway auf den neuen Strecken ab Berlin anzutreten. Das klingt gut und schafft Resonanz.

Dass es sich dabei in Wirklichkeit nur um eine versteckte Preiserhöhung in Form einer Umplakatierung handelt verschweigt der Kranich aber vornehm. Das die neuen Strecken ab Berlin eher an ein Billigfliegernetz als an eine klassische Businessairline erinnern fällt jedem Laien auf, werden doch viele Warmwasserziele in geringen Frequenzen angeflogen. Dies liegt aber weniger dran das man im Hause Lufthansa jetzt wirklich auf den „Durchschnittsbürger als Kunde setzt“, sondern viel mehr daran, dass es sich nur um einen Etikettentausch mit neuem und deutlich höherem Einstiegpreis handelt.

Denn viele der als „neu“ beworbenen Strecken von Lufthansa werden bereits seit Jahren von anderen Konzerntöchtern, allen voran Germanwings bedient. Die allermeisten Strecken werden dabei Eins zu Eins vom konzerneigenen Billigflieger Germanwings übernommen, welcher bisher Tickets ab 29,99€ und bei Aktionen auch schon mal für einstellige Eurobeträge anbot. Ändern tut sich also nur die Flugnummer: Statt einem 4U steht jetzt ein LH auf der Anzeigetafel. Dafür kostet der Flug nun mindestens 49€ statt 29,99€, wobei die  Tickets zum beworbenen Einstiegspreis bei Lufthansa erfahrungsgemäß rar gesät sind. Weiterhin muss der Kunde nun auch das Aufgabegepäck – da im Flugpreis integriert – mitzahlen auch wenn er nur mit Handgepäck fliegt. Diese altmodische Regelung macht den größten Teil der Preisdifferenz zwischen Germanwings und Lufthansa aus.

Denn, das verkündet Lufthansa natürlich stolz, beim Personal wurde gespart. So verdienen die die Crewmitglieder in Berlin weniger als Ihre Kollegen im Lufthansakonzern, was die Lufthansa als Fortschritt verkauft. Wohingegen bei Germanwings durchaus der Konzerntarifvertrag der Lufthansa gilt. Niedrigere Personalkosten und höhere Flugpreise, so kann man das Konzept der Lufthansa für den neuen Hauptstadtflughafen zusammenfassen.

Ab Juni werden die ehemaligen Germanwingsstrecken nach Zagreb, Zadar, Dubrovnik,Stockholm, Split, Bastia (Korsika), Istanbul, Izmir, Bukarest, Mallorca und Moskau-Vnukovo von der teureren Lufthansa unter LH Flugnummer bedient. Hinzu kommt eine Strecke nach Wien, welche bislang bereits durch Austrian Airlines bedient wurde.

Aber es gibt auch positives. So bietet der Kranich erstmal ab Deutschland grundlegend ein modernes Oneway-Preiskonzept an, ohne die veralteten Ticketrestriktionen mit Minimal- oder Maximalaufenthalten. Keine Frage muss er auch, denn BBI ist der erste Flughafen wo er mit easyJet gegen eine moderne Airline konkurrieren muss.

Die letzte krachende Schlappe gegen die Orangenen mit LH Italia in Mailand-Malpensa hat aber scheinbar noch nicht zu einem umdenken bei den Einsteigspreisen geführt welche sich mit 49€ natürlich im Bereich eines Luxusfliegers bewegen. Dort hatte Lufthansa trotzt eines Einstiegspreises von 29€ auf Inlandsflügen gegen den Billigflieger aus Luton keine Schnitte bekommen und Ende Oktober das Produkt kleinlaut aus dem Markt genommen. Ähnliches droht auch in Berlin, wo sich Lufthansa ebenso wenig Air Berlin an den London-Markt herantraut: Zwar gibt es halbherzig einige BMI Flüge im Codeshare, selbst fliegt Lufthansa jedoch nicht. Denn gegen easyJet nach Luton und Gatwick und Ryanair nach Stansted haben die Deutschen Airlines keine Chance.



Wohl auch deshalb versteckt sich hinter dem beworbenen Riesenwachstum vor allem eine Übernahme von „warm geflogenen“ Erfolgsstrecken von der eigenen Tochter und zahlreiche saisonale Sommerstrecken die mit niedriger Frequenz geflogen und ab Oktober ohnehin wieder eingestellt werden wie Catania, Malaga, Nizza oder Sylt oder Keflavik. Und ob diese in 2013 wiederkommen ist mehr als fraglich. Und das man gegen Pegasus, SunExpress und Turkish Airlines auf der Istanbulstrecke dauerhaft bestehen wird ist ebenfalls zweifelhaft.


Es ist aber noch gar nicht sicher, das Ryanair den neuen Flughafen überhaupt ansteuern will, da die Iren Ihren Kunden die hohen Gebühren des BBI nicht zumuten wollen, und nach günstigen Alternativen suchen.

Ebenfalls neu im Flugplan von Lufthansa ab Berlin befindet sich das norwegische Bergen. Auf den neuen Strecken nach Rom, Bologna, Lyon und Barcelona tritt man direkt gegen easyJet und Air Berlin an.

In Moskau wechselt man zum Flughafen Vnukovo, der bislang vor allem von Billigflieger Germanwings bedient wurde, aber von den drei großen Airports Moskau die beste Lage und Anbindung ins Stadtzentrum hat. An den meisten Tagen soll es zwei tägliche Flüge geben.

Zwei Mal pro Tag soll auch der stadtnahe Flughafen Linate in Mailand angesteuert werden.

Germanwings, welche zahlreiche Erfolgsstrecken an Lufthansa abtreten musste, damit diese medienwirksam massives Wachstum verkünden konnten – was natürlich de Facto nur eine Verpackungs-Änderung ist – wird auch weiterhin in Berlin bleiben.

Auf den Strecken nach München, Stuttgart, Maastricht und Köln-Bonn möchte der Konzern beide Marken „konkurrieren“ lassen. Zudem verbleiben die Destinationen Heraklion, Pula und Pristina bei der arg zurechtgestutzten Germanwings.

Für den Verbraucher ändert sich also nicht viel, außer das jetzt Lufthansa an dem Flugzeug steht, die Preise erheblich höher sind, man dafür aber Gepäck aufgeben darf. Eindeutig ein Rückschritt, das die Gepäckabgabe nun von jedem zwangsweise in Form eines überhöhten Flugpreises mitbezahlt werden muss.

Spannend wird es zu sehen wie hoch der Anteil des Netto-Flugpreises und wie hoch der Posten Steuern und Gebühren ist: Sollte sich der Preis auf 29€ drücken lassen, kann die eine oder andere Strecke auch unter dem Lufthansa-Brand funktionieren.

Dennoch ist zu erwarten das bereits im Herbst eine Menge Strecken – auch welche die bei Germanwings über Jahre erfolgreich waren, wieder eingestellt werden.

Denn das Produkt Lufthansa spricht andere Zielgruppen an, die auf diesen Strecken nicht wirklich zu Hause sind.

Doch der größte Verlierer dieser Entwicklung dürfte Air Berlin sein: Flogen bislang vor allem Kunden die keine Billigflieger mochten oder für die Geld keine große Rolle spielt trotz höherer Preise mit den Berlinern, werden diese wohl zu Lufthansa abwandern. Kunden bei denen der Preis im Vordergrund steht werden weiterhin bei easyJet, Ryanair, Aer Lingus und Norwegian Ihre Flüge ab Berlin buchen.

Damit dürfte sich der Druck auf die ohnehin angeschlagene Air Berlin weiter erhöhen. Und vermutlich war dies der Hauptgrund für die Strategie der Lufthansa. Denn das man gegen easyJet keine Strecken gewinnen kann, dürfte in Köln-Deutz mittlerweile hinlänglich bekannt sein.