Reise-Magazin

Billigflieger wandern nach Lüttich, Maastricht und Eindhoven ab

Experten und Billigflieger hatten es bereits im Sommer prophezeit: Die neue Luftverkehrsabgabe wird in Deutschland massiv Arbeitsplätze kosten, da zahlreiche Flugverbindungen ins grenznahe Auslan…

Experten und Billigflieger hatten es bereits im Sommer prophezeit: Die neue Luftverkehrsabgabe wird in Deutschland massiv Arbeitsplätze kosten, da zahlreiche Flugverbindungen ins grenznahe Ausland abgezogen werden. So steht Ryanair verschiedenen Medienberichten und Insiderinformationen zu Folge kurz davor, den belgischen Flughafen Lüttich-Bierset als neuen Standort aufzunehmen und die in Düsseldorf-Weeze gekürzten Kapazitäten teilweise nach Belgien zu verlagern. Ryanair hatte erst diese Woche angekündigt, den innerdeutschen Flugbetrieb wegen der neuen unverhältnismäßig hohen Abgabe den innerdeutschen Flugbetrieb komplett und große Teile der Europastrecken aus Düsseldorf-Weeze einstellen zu müssen. Weitere Kapazitäten werden in die Niederlande verlagert: Am Flughafen Eindhoven erwarten Insider im kommenden Jahr mehr Strecken und Frequenzaufstockungen zu den Sonnenzielen die bislang teils sogar mehr als einmal am Tag von Weeze aus angesteuert wurden.

von Christian Maskos

Auch Germanwings verlegt teile ihres Flugbetriebs in grenznahe Maastricht. Foto: Christian MaskosIm einzelnen werden in Düsseldorf-Weeze zum kommenden Sommerflugplan, also ab April, im Vergleich zum Vorjahr zwei Boeing 737-800 abgezogen und etliche Verbindungen eingestellt. So werden kommenden Sommer  Verbindungen nach Berlin-Schönefeld, Birmingham, Breslau/Wroclaw, Bromberg/Bydgosczc, Danzig/Gdansk, Göteborg City-Airport, Kaunas, Krakau, Kerry, Oslo-Rygge, Santander, Valldolid und Zaragossa ersatzlos gestrichen und die Anzahl der in Weeze stationierten Flugzeuge um zwei auf dann sieben Flugzeuge reduziert werden. „Die Streckenreduzierungen von Ryanair an diesen Standorten werden zwangsläufig den jährlichen Verlust von drei Millionen Passagieren und 3.000 Arbeitsplätzen mit sich ziehen“, so die Airline-Boss Michael O´Leary in einer schriftlichen Stellungnahme zur neuen Luftverkehrsabgabe. Weiterhin warnen die Iren: „Ein Blick über nationale Grenzen sollte der deutschen Regierung die negativen Effekte einer solchen Abgabe klar verdeutlichen“, denn in den Niederlanden gingen die Gesamteinnahmen im Tourismus und die Steuerneinnahmen soweit zurück, dass weniger Geld im Staatssäckel landete als ohne die Steuer, so dass die Niederländer ihre Flugsteuer bereits im ersten Jahr wieder kippten.
Geschichte wiederholt sich, so werden nun die Deutschen Airlines und Passagiere in die Niederlande abwandern und der Deutsche Fiskus Millionen verlieren.
So nimmt Ryanair im kommenden Sommerflugplan von Eindhoven zusätzlich nach Pescara und Brindisi in Italien sowie nach Lanzarote und Gran Canaria auf. Bislang wurden die touristischen Strecken von Ryanair ab Düsseldorf-Weeze – wo rund 50% der Passagier aus den Niederlanden kommen – angeboten. Nach der deutschen Flugsteuer will Ryanair dann ab April ab Eindhoven sogar insgesamt 22 Ziele anbieten, einige davon sogar mehrmals am Tag. Von Eindhoven haben Fluggäste aus Nordrhein-Westfalen dann die Möglichkeit nach Alicante, Alghero, Brindisi, Dublin, Faro, Girona, Gran Canaria, Lanzarote, London-Stansted, Madrid, Malaga, Mailand-Bergamo, Malta, Marseilles, Pescara, Pisa, Porto, Reus, Rom-Ciampino, Stockholm-Skavsta, Sevilla und Trapani zu fliegen – nicht nur zufällig ist diese Destinationsliste relativ identisch mit dem Sommerflugplan der vergangenen beiden Jahre ab Düsseldorf-Weeze.
Ab Brüssel-Charleroi stehen im kommenden Sommer sogar 61 Flugziele im Programm – denn Belgien verzichtet auf eine Passagierabzocke – darunter Wroclwa/Breslau, Krakau, Valladolid, Zaragossa, Göteborg-City, Oslo-Rygge und Kaunas – allesamt Flugziele, die in Weeze gestrichen werden mussten.
Ryanair wächst auch an einem Grenzflughafen: So werden einige Flüge im kommenden Sommer auch aus Maastricht-Aachen durchgeführt: Von dort wird Ryanair bereits ab März neu nach Faro, Pisa, Barcelona-Reus, Trapani und Teneriffa-Süd fliegen. Kommen Ihnen die Ziele bekannt vor? Richtig, früher sicherten diese Ziele Arbeitsplätze in Deutschland und sorgten für Schwung in der wirtschaftsschwachen Region Niederrhein. Für die nach dem Rückzug der britischen Truppen gebeutelte Region ist die Reduzierung von Partner Ryanair ein harter Schlag ins Gesicht, war der Flughafen doch Hoffnungsträger einer ganzen Region und hat Touristen nach Weeze und in den Wallfahrtsort Kevelear gebracht und damit die lokale Wirtschaft angekurbelt. Die Zahl der Hotelübernachtungen und Umsätze in den Städten waren nach der Eröffnung der Ryanairbasis deutlich in Höhe geschossen, und der Flughafen auch ein gewichtiges Argument beim Erhalt der Regionalbahnstrecke. Zudem waren rund um den Airport beim lokalen Taxiunternehmen und der Gastronomie sowie an der Sicherheitskontrolle zahlreiche Arbeitsplätze entstanden, die nun massiv gefährdet sind. Zudem droht der Flughafen, 2009 profitabel, nach den Streichungen in die Verlustzone abzurutschen. Im schlimmsten Fall wird aus einem der erfolgreichsten Konversionsprojekte der Deutschen Geschichte später ein Millionengrab für die Steuerzahler: Denn bei 8€ Zuschlag, das zeigen die Buchungszahlen von Ryanair – welche die Streichungen verursachten deutlich – bleiben die meisten Bundesbürger daheim.

In Maastricht indes ist die Freude groß: Denn neben Ryanair werden die silbernen Jets des Dortmunder/Kölner Billigfliegers Germanwings künftig verstärkt zu sehen sein: Da zweimal 8€ für die meisten Bundesbürger schlicht nicht tragbar sind versucht Germanwings, die Berlinstrecke durch eine Verlegung nach Maastricht zu retten.

Einen dritten Weg wählt Deutschlands zweitgrößte Fluglinie Air Berlin: Statt zu verlegen wird dort einfach gnadenlos eingestellt: Rund 5% der Kapazitäten sollen gekürzt werden, selbst Rennstrecken wie Düsseldorf-Paris sind mit der neuen Steuer nicht mehr realisierbar und werden eingestellt. Wobei das ohnehin überhöhte Preisniveau der Berliner sein Übriges dazu beigetragen haben dürfte.

Während also in Lüttich, Maastricht und Eindhoven, sowie Brüssel-Charleroi für Passagiere noch mehr Optionen gibt, günstig durch Europa zu reisen wird der kommende Sommerflugplan mindestens 3000 Arbeitslose und ungenutzte Flughafenkapazitäten bringen.
Die Menschen werden nicht weniger, sondern anders fliegen, ohne die Steuer entrichten zu müssen, was zu Mindereinnahmen führt.

 

Geschrieben am: 17.12.2010
Autor: ChrissFlyer

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