Reiseberichte

Bari: Sommer, Sonne, Pizza und Kultur

Es ist fast 22:30 Uhr, an einem Montag Abend: Wo in deutschen Wohnzimmern langsam die Lichter ausgehen und die Straßen verlassen sind, geht das Leben in Bari gerade erst los. Rund um den zentralen Marktplatz Piazza „Ferrarese“ herrscht ein reges Treiben, ein Kommen und Gehen. Jugendliche sitzen auf der Stadtmauer in der Altstadt und essen Pizza, Senioren sitzen in den Restaurants und Cafés und sinnieren bei Rotwein temperamentvoll über das Leben.

von Christian Maskos

Selbst die Kinder tollen noch herum und spielen mitten im Zentrum Fußball – beobachtet von den Carabinieri. Jetzt, wo der Vollmond den sternenklaren Nachthimmel dominiert, ist halb Bari auf den Beinen. Willkommen in Bella Italia. Denn hier, tief im Süden des Stiefels, gehen die Uhren noch anders als im mittlerweile nahezu europäisiertem Norden.

Also hinein ins Getümmel. Der historische Stadtkern von Bari, direkt an der Adria gelegen, ist das pulsierende Herz der zweitgrößten Stadt Süditaliens. Viel mehr noch als die alten Gebäude fasziniert das Leben auf den Plätzen und in den kleinen Gassen des Stadtkerns. Kein Restaurant bleibt leer, und auf den Mauern und Bänken findet sich kaum ein Platz, denn halb Bari ist abends auf den Beinen. Der Duft frischer Pizza steigt in meine Nase, und führt mich automatisch zu der kleinen Pizzeria in einem der historischen Häuser rund und um die zentralen Plaza.


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Ein Stück Pizza kostet hier nur einen Euro, ofenfrisch, echt italienisch und unglaublich lecker. Und direkt auf die Hand, denn die Schlange scheint nahezu endlos. Der Weg führt weg vom Trubel in den Gaststätten am Plaza Ferrarese die Stadtmauer entlang. Unterhalb der Stadtmauer befinden sich kleine Bolzplätze, wo sich die Jugendlichen und Junggebliebenen sich ein packendes Duell liefern: Die Schimpftiraden nach einer vergebenen Torchance sind nahezu so theatralisch und intenisv wie von Zambrotta und Co. Fußball bestimmt das Leben in Bari, was auch an den vielen Flaggen an den Hauswänden und in den Pizzerien deutlich wird. Dabei sind die Vorlieben getrennt, denn der Heimatverein hat sich zuletzt nicht mit Ruhm bekleckert, so dass viele Baresen wahlweise Lazio Rom, Juventus Turin oder Inter Mailand die Daumen drücken.

Kinder im Grundschulalter bevölkern die kleinen Plätze und nutzen Haustüren und sogar den Eingang der berühmten Kirche San Nicolas – auf Deutsch St. Nikolaus – als Tor. Womit wir bei der ersten Attraktion aus dem Reiseführer wären und auch am Abend macht das berühmteste Gotteshaus Baris angestrahlt eine ganze Menge her. Denn die Tradition des Nikolausfeiertages hat hier ihren Ursprung: Überraschend feiern die Bareser den Nikolaustag jedoch nicht am 6. Dezember, sondern am 8. Mai, denn an diesem Tag wurden die Gebeine des heiligen hier in Bari an Land gebracht. Über das „wie“ spricht man heute nicht so gerne, denn baresische Seeleute – manche sprechen auch von Piraten, was der Sache näher zu kommen scheint – haben die sterblichen Überreste des Heiligen Nikolaus (St. Nicola in italienisch) im Jahr 1087 im „türkischen“ Myra einfach gestohlen. Seitdem sind die sterblichen Überreste des Heiligen Nikolaus in der Krypta der nach ihm geweihten Kirche zur letzten Ruhe gebettet. So wie wir den Nikolaus kennen, mit weißem Rauschelbart und rotem Mantel hat ihn ein der Deutsche Maler Moritz von Schwind vor gerade einmal etwas mehr als 100 Jahren „geschaffen“.

Tagsüber kann die Krypta besucht und dem „Heiligen Nikolaus“ gedacht werden. Die Kathedrale San Nicola ist die bekannteste Attraktion Baris und das Vorbild vieler Apulischer Kathedralen. Die Kirche fiel so prächtig aus, dass fast alle Orte in Apulien ein ähnliches Gotteshaus nachbauten, selbst die große Kathedrale San Sabino, die in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunders errichtet worden war, wurde im Jahr 1170 nach dem Muster von San Nicola erneuert. 

Vom Vorplatz des Dom kann man bereits die nächste große Attraktion Baris sehen, das 1233-1240 errichtete Castello Svevo. Insbesondere in den Abendstunden treffen sich auf dem Platz vor der Burg auf der Mauer Jung und Alt zum gemütlichen Sit-In unter freiem Himmel, denn in Bari spielt sich das Leben in den Sommermonaten größtenteils draußen ab.

Wenn sich – gegen Mitternacht – die Plätze langsam leeren und und die Familien nach die Nachtruhe einläuten, übernehmen die Studenten das Kommando in der Altstadt. In den kleinen Bars herrscht eine gelöste Atmosphäre und die Preise entsprechen dem studentischen Budget: Bier gibt es aus Flaschen – dafür aber schon ab 1€ pro Flasche. Hier treffen sich Italiener, Spanier, Deutsche – vor allem Erasmus-Studenten machen hier so richtig Party.

Doch auch am Tag hat Bari – die Perle des Südens – eine Menge zu bieten: Wandern Sie einfach durch die Altstadt und lassen sich inspirieren von der Mischung aus südländischer Gemütlichkeit beim Einkaufen und der Hektik, welche die scheinbar omnipräsenten Mopedfahrer haben, die durch die engen Gassen zischen.


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Ein absolutes Muss und der Höhepunkt einer jeden Baritour ist natürlich der Besuch der Krypta der Kirche St. Nicola, welche ganz früher übrigens direkt Meer stand und sich heute im Kern der Altstadt befindet. Begonnen wurde der Bau der Basilika, die vielen anderen Kirchen Apulien als Vorbild diente, im Jahr 1087 als die Gebeine des heiligen Nikolaus nach Bari gebracht wurden. Besonders beeindruckend ist das Nordportal „Porta di Leoni“, welches in beeindruckender Steinmetzarbeit die Szene einer Burgbelagerung zeigt. Über den beiden Säulen rechts und links sind die Monate zum Beispiel durch die Darstellung der Getreideernte für den Monat Mai dargestellt – was typsich für Norditalien ist.

In der Krypta selbst – welche schon alleine durch das Wissen um die Geschichte beeindruckt – steht rechts eine Säule aus Myra, die den Legenden nach den Gebeinen de Heiligen Nikolaus gefolgt ist. Die Krypta wird aus einer Säulenwand mit 28 Stützen getragen, die mit Löwen, Stieren und Tauben geschmückt sind. Auf der Linken Seite des durch ein schmiedeeisernes Gitter geschützten Grabs, befindet sich eine orthodoxe Kapelle – eine Verbeugung vor der Herkunft des Heiligen aus Myra. Aus der im Barockstil und mit einer schönen Holzdecke verzierten Oberkirche beeindrucken den Experten vor allem die Kunstwerke aus dem zwölften Jahrhundert, darunter der zierliche Thron des Bischofs Elias, der die Kirche ursprünglich in Auftrag gab und dessen sterbliche Überreste in einem spätrömischen Sarkophag vor der Krypta ruhen.

Die Kathedrale des heiligen Nikolaus ist so prächtig, dass viele Orte in der gesamten Provinz eine kleinere Kopie davon nachbauen ließen. Nicht weit entfernt, nur einige Fußminuten durch die engen und verwinkelten steinernen Gassen, ist es bis zum Kastell Svevo. Das Kastell hat tagsüber geöffnet und ist einen Besuch wert: Im Inneren gibt es wechselnde Ausstellungen zu sehen und der Eintritt ist mit 3€ nicht zu teuer, Studenten bekommen noch ein Rabatt.

Vom Kastell aus sieht man die Kathedrale San Sabino, welche auch von innen absolut sehenswert ist: Die Kanzel vor dem Chorraum wurde 1955 aus alten Fragmenten aus dem 12. und 13. Jahrhundert wieder zusammengesetzt. Dass die Kathedrale von innen an San Nicola erinnert. ist der bereits angesprochenen Erneuerung nach dem Vorbild von San Nicola von 1170 zu verdanken, dennoch hat sich die Kathedrale etwas Eigenes bewahrt.

In den kleinen Gassen rund um San Sabino kann man besonders gut essen, einige Gassen stehen mit Tischen voll und es duftet nach Pizza und Pasta – natürlich ist es in dieser Umgebung etwas teurer, dafür bekommt man aber auch ein tolles Ambiente im mittelalterlichen Stadtkern etwas abseits des Trubel.

Wer Bari erleben will, kann dies am besten auf Schusters Rappen tun: Laufen Sie einfach ohne Ziel kreuz und quer durch die Altstadt, genießen die Architektur und beobachten die Menschen: Die Wäsche, die quer über die Straße gespannt ist, die überfüllten Müllcontainer, die alten Hausfrauen die auf Holzstühlen vor Ihren Häusern sitzen und kleinen Geschäften, die mit kleinsten Verkaufsräumen in den alten Häusern in einer deutschen Stadt schon längst als unwirtschaftlich eingestampft worden wären: Sie finden Lebensmittelgeschäfte, die nicht größer als ein Wohnzimmer sind, vollgestopft mit unterschiedlichsten Speisen vom getrockneten Schinken, der von der gewölbten steinernen Decke hängt, über eine Kühltheke mit frischem Fleisch bis zu frischen Backwaren: Wie in einem Bilderbuch. Dieser gemütliche Teil von Bari ist absolut unique. Nehmen Sie sich Zeit für einen Stadtbummel. Aber vergessen Sie den Stadtplan nicht, denn in den engen Gassen kann man schnell die Orientierung verlieren – was aber nichts macht, da Sie in jeder Richtung nach spätestens fünf Minuten Fußmarsch wieder auf eine Hauptstraße stoßen.

Über kurz oder lang werden Sie auch am Piazza Mercantile landen: Am Piazza Mercantile steht eine absolute Besonderheit, die Sie fast nur in Apulien finden können:
Der Sedile – der alte Sitz der Stadträte – beeindruckt durch sein Uhrentürmchen auf einem dreibogigen Renaissanceaufbau. Hier war früher das Rathaus und der Sitz der Stadtverwaltung. Jetzt ist es auch schon Zeit für eine erste Pause, denn hier gibt es mehrere Pizzerien, wo es ein Stück Pizza frisch aus dem Ofen bereits ab 1€ zu kaufen gibt: Eine Pizza mit Getränk, falls Sie nicht in den Supermarkt laufen wollen – gibt es ab 2€. Zudem ist der Piazza Mercantile selbst architektonisch sehenswert und ein schöner Platz, um sich bei einem kurzen Zwischenstopp auszuruhen: Hier können Sie nun zurück zum Piazza Ferrarese, dem Haupteingangsplatz der Altstadt, zurückkehren.

Doch bevor Sie der Altstadt den Rücken zukehren sollten Sie die Stadtmauer entlang laufen: Sie haben einen wunderschönen Blick in die kleinen Gassen der Altstadt auf der einen und das Meer und den Hafen auf der anderen Seite. Unterhalb der Mauer treffen sich die Baresen auf dem Rasen, um sich in der Sonne zu entspannen, Jugendliche und Kinder spielen Fußball, sowohl auf den Grasflächen als auch speziell eingerichteten Fußballplätzen. Den Rückweg können Sie dann an der Promenade mit Blick auf die Stadtmauer und das Meer antreten, oder sich einfach auf eine der vielen Bänke am Wasser niederlassen und sich die Sonne in das Gesicht scheinen lassen. Laufen Sie am Wasser weiter – dort wurde vor einigen Jahren eine schöne Promenade mit modernen Lampen und Bänken eingerichtet – kommen Sie hinter dem Theater Margherita am Hafen für die Fischerboote vorbei.

Vor allem am späten Nachmittag und frühen Abend, wenn sich die langsam sinkende Sonne golden im Meer spiegelt, schaukeln die kleinen farbenfrohen blauen und grünen Fischerboote im Wasser, während am Rand alte Männer entspannen und sich die Zeit mit Gesellschaftsspielen vertreiben. Wenn Sie die Promenade weiter laufen werden Sie an der Neustadt vorbeilaufen, jedoch einige architektonische interessante Gebäude sehen: Denn an der Lungomare Nazario Saurio befinden sich die repräsentativen Gebäude der Regionalregierung darunter der Palacio der Region Apulien und der Palacio der Region Bari. Hier geht es eher ruhig zu und Sie können gemütlich am Wasser spazieren gehen. Kurz hinter den Regierungsgebäuden befindet sich ein kleiner schattiger Park mit Springbrunnen, in dem Sie sich im Schatten ein wenig von dem kleinen Marsch erholen können: Von hier aus ist es nur noch ein Katzensprung bis zum Strand, der praktisch direkt gegenüber des Parks beginnt. Hier treffen Sie die Bareser beim Schwimmen, Entspannen und Fußballspielen.

Wer Ruhe sucht sollte einige Hundert Meter weiter laufen, denn Italiener sind lebhaft und lieben Ballsportarten am Strand: Beachball, Beachvolleyball, Fußball oder Frisbee sorgt bei den jungen Strandbesuchern für Abwechslung. Rund 500 Meter weiter wird es gemütlicher, hier befindet sich auch ein kleines Café.

Falls Sie eine ganze Weile am Strand verbringen wollen – dies ist der ideale Ort: Durch einen kleinen Grünstreifen von der Straße getrennt können Sie am breiten und feinen Sandstrand ungestört entspannen und das Rauschen des Meeres genießen. Und falls Sie Durst oder Hunger bekommen: Der nächste Supermarkt ist weniger als fünf Minuten entfernt: Verlassen Sie den Strand am großen Eingang am Café, überqueren Sie erst die große Hauptstraße, dann die große Eisenbahnbrücke und sie befinden sich mitten an der zentralen Straße (Via Anastassio Ballestrero) eines Wohnviertel mit Bäckereien, Pizzerien und mehreren Supermärkten: Morgens gibt es es hier sogar einen Fischmarkt.
So schön es auch ist, vor allem gegen Abend an der Promenade und dem Strand, die Neustadt sollten Sie nicht verpassen: Denn auch hier gibt es weit mehr zu sehen als das große Goldene M direkt am Bahnhof, wo Sie allerdings kostenfrei das stille Örtchen aufsuchen können.

Wenn Sie vom Bahnhof Richtung Altstadt laufen können Sie die grüne Lunge den Piazza Umberto mit dem großen Denkmal und der sehr sehenswerten Fassade des Universitätsgebäudes gar nicht übersehen: Die via Sparano de Bari ist teilweise eine Fußgängerzone und die Haupteinkaufsstraße Baris: Einige interessante Jugendstilfassaden schmücken die teuerste Einkaufsstraße der Stadt, an der sich auch das Archäologische Museum Baris befindet.

Absoluter Höhepunkt ist das Kaufhaus Mincuzzi mit einer faszinierenden Fassade und einem architektonisch absolut ansprechenden Turm. Bevor Sie nun zur Altstadt kommen sollten Sie rechts herum abbiegen: Denn dort gibt es neben einem kleinen Paar und einiger Eisdielen einen weiteren Höhepunkt: Das in den 90er Jahren nach einen Feuer wiederaufgebaute Theater Petruzelli mit seiner blutroten Fassade, die nur am Eingang rund um die drei Portale den weißen Baustein präsentiert ist auch von außen beeindruckend. Es gibt an der Seite ein sehr teureskleines Restaurant, in das Sie aber hineingehen können, um wenigstens im Theater gewesen zu sein. Von hier sind es nur noch wenige Meter zurück zur Altstadt: Doch bevor es dorthin zurückgeht sollten Sie in jedem Fall noch den Corso Vittorio Emanuele II hinauflaufen.

Auf der rechten Seite befinden sich viele Kneipen in denen abends eine Menge los ist, auf dem breiten Bürgersteig tummeln sich aber auch tagsüber Menschen oder entspannen auf den Bänken: Sehenswert ist die Reiterstatue: Laufen Sie nun weiter sehen Sie auf der rechten Seite den sehenswerten Gouvernourspalast und links das Theater Piccinni. Im Innenhof des Theaters Piccinni können Sie originale Staturen sehen, die früher das Theater schmückten.

Fußballfans sollten sich zudem das zur Fußballweltmeisterschaft 1990 erbaute Stadion San Nicola nicht entgehen lassen, das wie ein UFO aussieht: Übrigens auch wenn der Heimatverein recht erfolglos ist, unterstützen die Bareser ihr Team leidenschaftlich: Dennoch drücken viele Bareser auch einem weiteren Team die Daumen, welches um Titel in der Serie A mitspielt: Fahnen von Milan, Juventus, Inter oder der Roma sind in Autos und Geschäften allgegenwärtig: Fußball spielt auch in Bari eine große Rolle.

Bari ist in jedem Fall eine Reise wert, planen Sie auf jeden Fall genug Zeit ein, denn alleine die auf den ersten Blick recht kleine historische Altstadt wird Sie fesseln. Doch wer Bari in Eile einfach abhaken möchte wird die Faszination nicht erleben: Die vielen kleinen Gassen und Winkel der Altstadt und das Leben auf den Straßen, insbesondere am Abend. Tauchen Sie ein und genießen Sie Ihren Aufenthalt in der Hauptstadt Apulien. Christian Maskos

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