Reise-Magazin

Air Berlin: Pichler führt Oneway-Tarife ohne Gepäckzwang wieder ein/ Mehr Kundenservice

Exbir-Kommentar: Schritte in die richtige Richtung. Der neue Air Berlin CEO Stefan Pichler hat im Rahmen der morgen eröffnenden internationalen Tourismusbörse sein Konzept vorgestellt und dreht damit viele Entscheidungen der letzten Jahre wieder zurück: So soll es auf den Europastrecken wieder Onewaytarife geben, um auch für flexible Reisende, die nur eine Strecke brauchen oder von einem anderen Airport zurück fliegen möchten, in die Flieger zu locken. Zudem wird der Just-Fly-Tarif für die moderne und junge Zielgruppe der flexiblen Reisenden wieder eingeführt: Dieser Tarif enthält Flug&Bordservice, der Fluggast wird aber nicht gezwungen, wie aktuell noch der Fall nicht benötigtes Aufgabegepäck mitzuzahlen.
Air Berlin hatte in den letzten Jahren Stück für Stück auf das altmodische und in Europa fast nur noch von der Lufthansa und Iberia praktizierte altmodische returnbasierte Tarifsystem mit Mindestsatys gesetzt und dadurch viele Privatreisende verloren, da Kurzreisen und Oneways unerschwinglich wurden da der Oneway oft deutlich teurer war als ein Flug bei einer Returnbuchung. Dies verschreckt natürlich vor allem preissensible Kunden, die mit Flugsuchenrabatt und Gutscheinen und somit mit bis zu 20€ Rabatt pro Flugstrecke auf den Airlinepreis buchen. Ein Backpacker rechnet vor: Zahle ich 2x 44€ und spare 2x 20€ komme ich dank Flugsuchenrabtt oder Opodo-Gutschein auf Preise um die 25€ bis 30€ pro Weg und um die 50€ bis 60€ return – was gerade eben noch akzeptabel ist. Sollte die Flugzeit passen oder der Flughafen näher sein ist Air Berlin dann wieder eine Alternative gegenüber Ryanair und Wizzair“. Diese normalen Kunden waren Air Berlin durch die vielen Preiserhöhungsrunden und das komplexe unattraktive Tarifsystem zuletzt weggebrochen.

Pichler verspricht aber auch beim Kundenservice deutliche Verbesserungen und reagiert damit auf die Volkswut, die sich in Facebookgruppen wie „Air Berlin Opfer“ zeigt. Passagiere bekamen teilweise über Monate keine Antwort, Entschädigungsforderungen nach der Verordnung EG 261/2004 wurden weitestgehend ignoriert. Pichler will das Service-Team nun verdreifachen und dafür sorgen, dass am Ende alle Kunden innerhalb von sieben Tagen eine Antwort bekommen: Diese Antwortzeit ist Branchenschnitt und wird von Airlines wie Wizzair&Ryanair, Volotea oder Norwegian aber auch Full-Service-Carriern wie Etihad Regional garantiert. Bei Ryanair werden bekanntermaßen über 99% aller Kundenanfragen und Wünsche innerhalb von 7 Werktagen abgeschlossen.

Nur bei wenigen Hochpreisairlines wie Lufthansa oder British Airways warten Kunden teilweise Monate oder Jahre auf Antworten – oder bekommen ohne Klageeinreichung gar kein Feedback. Air Berlin möchte sich nun deutlich von Lufthansa und anderen altmodischen Airlines abheben – mit einem neuen Tarif, besseren Reaktionszeiten im Kundendialog. Dazu gehört auch ein besseres und schärferes Marketing. Auch das ist nachvollziehbar – wirkte Air Berlin Werbung oft unkonkret und weichgespült und richtete sich nur an die Gruppe Betuchter. Ein bisschen mehr Fetz, Witz und Spannung würde mehr Kunden bringen – auch hier gilt: O´Leary macht es richtig vor!

Air Berlin bietet zudem Kunden von anderen Airlines einen Statusmatch an – um neue Kunden zu gewinnen und diesen ab dem ersten Flug Statusvorteile zu gewähren. Wer zum Beispiel Delta-Sky-Miles-Silber oder Aegean Gold ist, kann seinen Status matchen und bei Air Berlin sofort profitieren. Bereits ab 25 Flüge erreicht man bei Top-Bonus den Silberstatus – wobei auch die Flüge im neuen Günstigtarif zählen. Aktuell gibt es zudem auch im Einstiegstarif 500 Meilen/Segment (zum Vergleich: LH gibt in den allermeisten Tarifklassen, die nicht vollkommen utopisch und jenseits jeglicher Vorstellungskraft sind, nur 125 Meilen).

Zudem hat Pichler erkannt, dass Business-Reisende zu günstig fliegen und will die kurzfristigen Tarife für eilige „Business-Kasper“ heraufsetzen. Also mehr Fairness bei Verteilung der Kosten zwischen reichen und armen Passagieren.

ChrissFlyers Wertung: Das alles wird keine Wunder bewirken, sind aber kleine Schritte zurück in die richtige Richtung. Air Berlin war zu Zeiten des Cityshuttles mit fairen Preisen ab 29€, Meilenvergabe unabhängig des Flugpreises und Prämienflüge, die wirklich gratis waren. Damit wäre man zu Ryanair und Wizzair mehr als konkurrenzfähig und könnte wieder schnell wachsen. Damals wurde das Geld für die ganzen Zukäufe verdient. Klar ist auch – fülle ich das Flugzeug früh mit Kunden, die zwischen 0,01€ und 29€ zahlen, bis auf wenige Plätze auf – wird das Gut knapp und der kurzfristig buchende Business-Kasper wird – da das Produkt knapp ist und sein geliebter Markt so ist – hohe Preise akzeptieren, damit er kaspern kann. Im Idealfall hält man nur 6 oder 9 Plätze für Kasper frei und setzt so hohe Preise durch. Ähnlichen Hintergrund hatten Ryanair´s 0,01€ Tickets auf den City-Rennstrecken bevor einige der im allgemeinen Sprachbild als Business-Kasper bezeichneten Fluggäste das heraus gefunden hatten und Missbrauch auf Kosten des kleines Mannes betrieben und diese Tickets pro Forma für Ihre Kasperflüge buchten. Daher muss hier ein wirksamer Schutz her – das diese Fluggäste keine günstigen Tickets buchen können.

Damit wäre allen geholfen: Normale Menschen fliegen billig, die Airline macht Gewinne, da es immer 6 verrückte Kasper gibt die jeden Preis bezahlen und die Kasper sind froh, dass es teuer war und sich daher wichtig fühlen können. (C)